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Kinderkrippen: Wahlversprechen oder Wunschdenken?

Aktualisiert: 5. Sept. 2022

Sollen alle Kinderkrippen in Kreuzlingen gleichviel städtische Unterstützung erhalten?


Der Stadtrat hat diese Woche eine Motion zu diesem Thema aus dem Gemeinderat beantwortet und schreibt, dass eines der Legislaturziele bis 2023 die Gleichbehandlung aller Anbieter von Kindertagesstätten mit Sitz in Kreuzlingen sei. Zudem sollen für die Kindertagesstätten die gleichen Bedingungen wie für alle anderen Vereine gelten. Aber was genau meint der Stadtrat damit? Kommt die Volksabstimmung darüber schon 2023?


Hier eine kleine Auslegeordnung und eine einfache Rechnung:

Der Verein Kreuzlinger Kinderkrippe (Kinderkrippe Felsenburg) erhält für aktuell 45 angebotene Plätze 250'000 Franken Defizitgarantie, also rund 5'555 Franken pro Platz im Jahr. Die Kindertagesstätte Villa Doldenhof erhält keinen Betriebsbeitrag, der Tagesfamilienverein Kreuzlingen erhält keinen Betriebsbeitrag, die Kinderkrippe Calimero erhält keinen Betriebsbeitrag, die Montessori-Kinderkrippe erhält keinen Betriebsbeitrag, die Kita Rägäbogä erhält keinen Betriebsbeitrag und auch die Kita HuKuGei erhält keinen Betriebsbeitrag.

Würden alle Kitas in Kreuzlingen gleichbehandelt, dann muss man als Erstes eine einfache Rechnung machen: geschätztes Total von 250-300 Betreuungsplätzen mal CHF 5'555 ergeben rund 1.5 Mio Franken!!


Ein zweiter Aspekt kommt hinzu: Eltern mit geringerem Einkommen erhalten aktuell in der Kindertagesstätte Villa Doldenhof und beim Tagesfamilienverein dank städtischer Subventionen bessere Konditionen. Das ist gut so, reicht aber nicht. Es fehlen subventionierte Plätze und es fehlt die freie Wahl der Kita, wenn man als Eltern subventionsberechtigt ist. Hier braucht es eine Umstrukturierung und ebenfalls ein zusätzliches finanzielles Engagement seitens der Stadt.


In seiner Antwort bleibt der Stadtrat vage. Gleichbehandlung klingt gut. Doch heisst das jetzt, dass die 250'000 Franken neu auf alle Kindertagesstätten in Kreuzlingen verteilt werden sollen und der Verein Kreuzlinger Kinderkrippe (VKK) folglich in Zukunft wesentlich weniger Unterstützung bekommt? Der VKK ist die älteste Institution ihrer Art in Kreuzlingen. Der Beitrag ist vor 30 Jahren per Volksabstimmung gesprochen worden und sozusagen in Stein gemeisselt. Wenn der amtierende Stadtrat und meine Kandidaten-Kollegen den Daumen hochstrecken bei der Gleichberechtigung der Kindertagesstätten, dann sieht das nach einem schönen Wahlversprechen aus. Aber eines ist sicher: Steuern sparen lässt sich damit mit Sicherheit nicht!


Und noch etwas ist sicher: Es gibt dringenden Handlungsbedarf. Obwohl nur wenige Schritte über die Grenze, sind wir meilenweit vom Betreuungsangebot unserer Nachbarstadt entfernt. Ein Krippenplatz in der Schweiz ist für die Eltern um ein Vielfaches teurer als in den meisten Ländern dieser Welt. Kein Wunder, fehlen uns die Fachkräfte in der Wirtschaft, wenn junge Familien sich keinen Kita-Platz leisten können und dann in aller Regel die (gut ausgebildeten!) Frauen jahrelang zu Hause bleiben, bis sie sich kaum mehr trauen, wieder ins Arbeitsleben einzusteigen.


Wir hätten die Chance, in Kreuzlingen eine Vorreiter-Rolle zu spielen. Der Bedarf ist klar da, Kreuzlingen wächst seit Jahren konstant. Viele Zugezogene haben kein familiäres Backup und sind angewiesen auf erschwingliche Kitaplätze. Zudem wandern die Fachkräfte in den Kitas zunehmend ab, weil der anspruchsvolle Job schlicht und einfach unterbezahlt ist. Wir können dem Fachkräftemangel in allen Branchen und besonders im Gesundheitswesen entgegenwirken und mit erschwinglicher Kinderbetreuung die Kontinuität im Berufsleben der jungen Eltern besser gewährleisten.


Wenn wir flächendeckend mehr für die Kreuzlinger Kindertagesstätten aufwenden, investieren wir in unsere Gesellschaft und in die Wirtschaft. Ebenso bin ich davon überzeugt, dass eine Volksabstimmung für die Verbesserung dieses Missstandes in Kreuzlingen in naher Zukunft gewonnen werden kann, aber 2023 ist mit grosser Sicherheit Wunschdenken.





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